Nicht zuletzt die verheerende Flutkatastrophe 2021 an der Ahr hat gezeigt, dass Möglichkeiten zur schnellen Unterbringung zahlreicher Einsatzkräfte in großen Schadenslagen rar sind und dringend geschaffen werden müssen. Mit voll ausgestatteten, autark funktionierenden Bereitstellungsräumen verfügt das Technische Hilfswerk (THW) über ein solches Unterbringungskonzept .„System BR“ nennt sich das Ganze und basiert auf dem Konzept eines modular aufgebauten Bereitstellungsraums. Das Besondere daran: Auf unterschiedliche Einsatzanforderungen kann flexibel reagiert werden. Maximal möglich ist eine Art „Einsatzzentrale und Hotel mit Vollpension“ auf der sprichwörtlich „grünen Wiese“. Kann vorhandene Infrastruktur genutzt werden, etwa in einer Turnhalle, fällt der Aufwand entsprechend kleiner aus. Die wachsende Notwendigkeit eines solchen Konzepts steht für den THW-Landesbeauftragten für NRW, Nicolas Hefner, außer Frage. „Wir leben in einer Zeit zunehmender Krisen und Katastrohen. Denen muss sich das THW stellen. Das „System BR“ ist dabei ein wichtiger Bestandteil, um den wachsenden Herausforderungen künftig noch besser begegnen zu können.“
Bis die Übung am 3. Juni beginnen konnte, waren unzählige Arbeitsstunden voran gegangen. Erbracht hauptsächlich durch speziell ausgebildete, ehrenamtliche THW-Kräfte. Der eigentliche Aufbau ging dann fix. Innerhalb von 24 Stunden waren die ersten Teile des Systems BR „bezugsfertig“. Die jahrelange Projektarbeit zahlte sich aus. Grundsätzlich besteht ein solcher Bereitstellungsraum aus zwei Teilen. Dem „Verband Feldlager“ und dem „Verband Logistik“. Nachdem im vergangenen Jahr bei einer Übung erstmals der Feldlagerbereich komplett aufgebaut wurde, ging es nun um die Logistik. Themen wie die Ausstattung mit Sanitäranlagen, Verpflegungsstellen oder Instandsetzungsmöglichkeiten für Geräte und Fahrzeuge galt das besondere Augenmerk. Errichtet wurde zudem eine komplett eigene Wasser- und Stromversorgung. Kurzum, das gesamte Spektrum einer Einsatz-Logistik. Verstaut werden Ausrüstung und Material in Standard-Überseecontainern. Ein intelligentes Beladungssystem ist dabei unerlässlich. Gilt es doch, im Einsatzfall alles schnellstmöglich zu entladen und startklar zu machen. Unterschiedliche Beladungskonzepte waren daher ebenso Gegenstand der Übung wie die Optimierung der Aufbaureihenfolge.
Nach umfangreichen Tests erfolgte am vergangenen Wochenende der Abbau der mobilen Zeltstadt. All das von der Bevölkerung nahezu unbemerkt auf dem ehemaligen NATO- Flughafen Gütersloh. Einsatzleiter Jens Schragner zog zufrieden Bilanz: „Wir haben hier optimale Bedingungen vorgefunden, um verschiedene Module unseres Bereitstellungsraums auf Herz und Nieren zu testen. Die gewonnenen Erkenntnisse helfen uns, das System für kommende Großschadenslagen weiter zu verbessern.“ Erkenntnisse, die helfen auch höchsten Einsatzanforderungen gerecht zu werden. Wovon sich, neben Gästen, auch THW- Landesbeauftragter Nicolas Hefner überzeugen konnte. „Mit dem „System BR“ verfügt das Technische Hilfswerk über ein Alleinstellungsmerkmal, das es nun weiter auszubauen gilt. Ich kann den zahlreichen Beteiligten nur meinen Dank und Respekt aussprechen für die wirklich tolle Leistung und hohe Einsatzbereitschaft. An die Verantwortlichen in Politik und Katastrophenhilfe appelliere ich, dieses Angebot des THW zu nutzen.“ Insgesamt vier solcher BR-Konzepte werden eingerichtet. System BR Nord und West sind bereits am Start. Süd und Ost sollen folgen. Gegenstand dieser Übung war das System BR West. Insgesamt sind 44 THW-Ortsverbände aus NRW sind darin eingebunden. An der Übung nahmen 39 davon teil. Gedacht sind derart große Bereitstellungsräume für Schadensereignisse, die in sehr kurzer Zeit eine hohe Anzahl von Einsatzkräften erfordern. Primär für Kräfte des Technischen Hilfswerks. Grundsätzlich aber auch für Mitglieder anderer Hilfsorganisationen oder der Feuerwehr.
Als die Oder-Flut im Jahr 1997 weite Teile Ost-Deutschlands in ein Katastrophengebiet verwandelte, war für das THW einer mit dabei, den man getrost als Ur-Vater der großen Bereitstellungsräume bezeichnen kann: Wolfram Seegers. Er war es, der die zahlreichen Helfer erstmals mit einem Bekleidungs-Container mit Wäsche zum Wechseln versorgte. Waschmaschine inklusive. Die nächste große Flut, 2002 an der Elbe, war dann Start für einen ersten, improvisierten Bereitstellungsraum. Gedacht vor allem für Einsatzkräfte mit weiter Anreise. Wolfram Seegers erinnert sich: „Es war noch nicht viel vorbereitet. Wir mussten nehmen, was da war und hatten am Ende ein Quartier mit rudimentärer Ausstattung.“ Noch einmal 14 Jahre und eine weitere Flutkatastrophe zogen ins Land bis am 6. Januar 2016 der offizielle Auftrag kam, aus dem langjährigen Projekt Wirklichkeit werden zu lassen. Das System BR 500 West war geboren.